Wien; Leipzig, 1917. — 202 S.
Bevor man etwas schreibt, soll man sich immer die Fragen vorlegen, ob es notwendig ist über den Gegenstand Worte zu verlieren und ob der Inhalt der Schrift einen Wert haben wird. Wird die erste Frage im bejahenden Sinne beantwortet, d. h. hat der Gegenstand in praktischen oder wissenschaftlichen Kreisen eine Bedeutung erlangt, die mit allem bisher über ihn Veröffentlichtem nicht in Einklang steht, so ist damit im erkenntnistheoretischen Sinne die Ursache gegeben, um eine Abhandlung in die Welt zu schicken. Die Beantwortung der zweiten Frage kann jedoch von mir nicht gegeben werden, ich kann mich nur bemühen dem Gegenstand bleibenden Wert zu verleihen und ich habe dies nach besten Kräften versucht.
Bei den Unmengen wirklich guter fachlicher Arbeiten ist es von vornherein ein gewagtes Unternehmen mit einer Spreng-stoffmonographie hervorzutreten, und nur der Umstand erleichtert mir die Sache, daß gerade das Ammonal sich in den letzten Jahren Schritt für Schritt den Boden erobert hat, ohne daß darüber viel Worte verloren gingen. Außerdem entspricht das wenige Bekannte über diesen Sprengstoff in der Literatur nicht immer den Tatsachen und ist anderseits derart verstreut, daß in Anbetracht der Stellung, die der Sprengstoff heute einnimmt, eine Sichtung des Materials wohl Aussicht hat, auf fruchtbaren Boden zu fallen.
Die Abhandlung soll vor allem die modernen Kriegssprengstoffe miteinander vergleichen und da ich in der Lage bin, zum großen Teil aus eigenen Experimenten zu schöpfen, so habe ich begreiflicherweise auf ältere Publikationen nicht, oder nur in geringem Make zurückgegriffen.
Alles, was mit dem Ammonal zusammenhängt, will ich berühren und bin daher gezwungen auch über den Ort, wo es hergestellt wird, zu sprechen.
Es mag befremden, daß gerade in der jetzigen ernsten Zeit in diesen Zeilen aus der Schule geplaudert wird. Diese streng gehüteten Geheimnisse sollen hier breit getreten werden, können unseren Feinden in die Hände fallen und durch ihre Nutzanwendung am eigenen Leibe Schaden zufügen. Ja gewiß; in friedlicher Zeit sind die sprengtechnischen Einrichtungen und Errungenschaften einer Macht mehr oder weniger auch streng gehütet, doch ändert sich das Bild im Kriege gewaltig. Es hieße den Gegner unterschätzen, wenn man nicht annehmen würde, daß er die vielen Geschoßblindgeher und treibende Minen, die ihm im Verlaufe des Krieges in die Hände fallen, auf Konstruktion und Inhalt nicht ebenso prüfen würde, prüfen mit allen Mitteln der ihm zu Gebote stehenden Einrichtungen und geistiger Kräfte, genau so wie es unsere Pflicht ist und wie wir es mit seinen Kampfmitteln zu machen pflegen.
Damit hätte auch das Geheimnis für das Ammonal aufgehört, wenn es überhaupt je bestanden hat und es ist be-
Ich habe die Schrift volkstümlicher gehalten als es sonst bei Monographien der Brauch ist, damit auch jene, welche nicht Gelegenheit haben in den Stoff ganz einzudringen, sich selbst ein Urteil bilden können; ich habe außerdem die experimentellen Methoden nicht nur kritisch, sondern auch breit behandelt, um zu zeigen, wie und was ein Sprengstoffchemiker alles heranziehen muß, um sich ein richtiges Bild von einem Explosivstoff zu verschaffen.
Daß viele Methoden nicht die allgemeine Anerkennung finden werden, daß bin ich gewiß, doch ist dies bei einem Gegenstand, wo Wissenschaft und Praxis unbedingt Kompromisse eingehen müssen, nicht anders zu erwarten.
Da jedoch die vertretenen Ansichten zum gröɮten Teil auch mit den Ansichten und Lehren der Größen der Sprengstoffchemie Zusammenhängen, so sind die Namen Berthelot, Bichel, Brunswig, Dahmen, Dautriche, Eskales, Guttmann, Heise, Heß, Kast, LeChatelier, Mallard, Vieille, WöHler u. a. m., wohl eine genügende Gewähr für die Ansicht, daß nach dem heutigen Stand der Wissenschaft besseres nicht erreicht werden kann.
Die Untersuchungen über Wärmetönung und Druck habe ich in Gemeinschaft mit meinem Chef und Herrn Ingenieur Leo Jahne 1 durchgeführt, bei den Arbeiten über die Detonationsgeschwindigkeit bin ich von den Herren Oberingenieur Adalbert Gertscher und Josef Mayr tatkräftig unterstützt worden, und viele Daten über die Sensibilität stammen von Versuchen der Herren Dr. Reinhold Witt und Ingenieur Fritz v. Födran.
Ich fühle mit verpflichtet, an dieser Stelle den Genannten meinen Dank auszusprechen.
Mit dem Wunsche, daß das Büchlein zu weiterer Forschung anrege, übergebe ich es der Öffentlichkeit.
Dr. R. Forg.
Pola, im Frühjahr 1916.